Wie sich Trampolinturnerin Anna Dogonadze mental stark macht
Anna, wie kamst Du auf den Sport Trampolin?
Rein zufällig. Mein Bruder hatte mich mal in seine Akrobatikhalle mitgenommen und dort war Trampolinturnen. Ich bin direkt dort geblieben.
Was war Deine größte Herausforderung oder mentale Hürde?
Nervosität und schwere Übungen.
Was hat Dich daran gehindert, besser zu sein?
Wenn ich Sport mache, möchte ich natürlich besser als alle anderen sein und dafür muss man auch trainieren und es wollen, besser zu werden. Ich war nie zufrieden, wenn ich Zweite oder Dritte war. Ich habe also immer nachgeschaut, wo ich Fehler gemacht habe, immer alles analysiert und versucht, dann an meinen Fehlern zu arbeiten und doppelt und dreifach mehr trainiert als die anderen, um ein oder zwei Köpfe höher zu stehen.
Wie hast Du Dich mental auf Olympia vorbereitet?
Ich habe vieles im Kopf trainiert, alles immer visualisiert.
Was war anders, als Du in Athen die Goldmedaille geholt hast?
Ich habe meine Nervosität im Griff gehabt.
Mit welchem Ritual oder »Anderssein« bist Du in Athen in den Wettkampf rein?
Um ganz ehrlich zu sein: In Athen habe ich auch so ein bisschen mit Angst angefangen zu turnen. Die ersten zwei Übungen waren nicht ganz so gut. Mit meinem Ritual, was für mich wichtig war – morgens früh aufstehen, mal Gymnastik machen und nochmal alle Durchgänge, alle Wettkampfübungen, sich im Kopf konzentrieren, sich fokussieren auf das, was ich machen muss – habe ich mich auch nicht irgendwie ablenken lassen. Das ist in diesem Moment sehr wichtig. Übungen, bestimmte Bewegungen, Atemübungen, all das gehört dazu. Dann kann man auch im richtigen Moment fit sein.
Erzählst Du uns mehr von Deiner Nervosität ... was hat Dich gehindert besser zu sein? Oder anders formuliert: Was wäre, wenn Du keine Nervosität gehabt hättest?
Nervosität war eigentlich ganz gut für mich, denn dann habe ich mich richtig wach und fit gefühlt und versucht, meine Gedanken und meine Wettkämpfe oder meine Übungen im Kopf zusammenzuhalten und natürlich die Nervosität nicht zu übertreiben. Wenn man ganz nervös ist, dann zittern auch schon mal Beine und Hände, aber wenn du Nervosität im Griff haben möchtest, musst du verschiedene Atemübungen machen. Jeder hat seine eigene Methode, die Nervosität ein bisschen runter zu drücken. Ohne Nervosität allerdings hätte ich möglicherweise mehr Fehler gemacht. Allerdings war ich immer nervös, auch wenn man es mir nicht angesehen hat.
Was denkst Du über Angst?
Wenn man nicht gut vorbereitet ist für den Wettkampf, hat man Angst, etwas falsch zu machen. Deshalb sollte man sich lieber vorbereiten und auch schwierige Aufgaben oder wirklich schwierige Sprünge richtig trainieren, um die Angst weg zu haben oder auch einfach leicht zu turnen. Bei uns im Trampolin war es so, dass, wenn ich nicht 100% sicher war, dass ich den Sprung kann, habe ich versucht, diesen nicht zu turnen und nichts zu riskieren. Angst ist aus meiner Sicht auch etwas Positives: Man riskiert etwas und riskieren ist immer auch eine Erfahrung und ja, eine gute Erfahrung.
Hattest Du einen Mental Coach?
Ich habe keinen Mental Coach. Wir wussten damals überhaupt nicht, was ein Mental Coach ist. Unsere Trainer waren unsere Coaches, unsere Psychologen, unser Vater und eigentlich alles. Sie haben uns großgezogen und uns natürlich auch vieles so beigebracht, ohne viel nachzudenken. Wenn man von Anfang an denkt, oh, es ist sehr schwierig, dann ist es ja vom Kopf her schon schwierig. Ich habe sehr viel im Kopf trainiert, visualisiert und versucht, das umzusetzen.
Was hast Du im Kopf trainiert?
Im Kopf habe ich natürlich nur das Wichtigste trainiert, also die ganzen Übungen durchgegangen und da, wo es gehakt hat, habe ich immer wieder neu angefangen. Es ist ja so: Wenn man im Kopf das alles so einfach macht, wird auch der Körper einfach turnen. Alle Probleme, die ich auf dem Trampolin hatte, habe ich auch im Kopf trainiert, um alles leichter zu machen.
War es schon immer Dein Ziel, bei Olympia Gold zu holen?
Ja, schon als kleines Kind wollte ich bei Olympia Gold gewinnen.
Arbeitest Du mit Visualisierungstechniken oder mit anderen Techniken?
Vieles habe ich mit Visualisierungstechniken gemacht, aber auch mentale Techniken angewendet.
Wie wichtig ist für Dich die mentale Vorbereitung?
Sehr wichtig. Denn wenn der Kopf stark ist, macht auch der Körper vieles mit.
Welchen Tipp gibst Du uns mit aus mentaler Sicht?
Jeder soll selber entscheiden, welche Technik zu ihm passt und damit intensiv arbeiten.
Was bringt Dir Mentaltraining im Alltag?
Sehr viel. Bevor ich etwas mache oder etwas Neues ausprobiere oder etwas zu erledigen habe, dann gehe ich das im Kopf durch, schreibe mir die wichtigsten Dinge auf und versuche erst dann, das Wichtigste erledigen. Erst danach kommt das, was der Rest des Tages bringt. Es gibt mir einfach eine positive Einstellung, eine positive Energie, das Leben mit glücklichen Augen zu sehen und das zu genießen, was man hat. Wenn man im Kopf positiv denkt, wird auch im Alltag vieles angenehmer und einfacher.
Ganz herzlichen Dank für Deinen Input und Deine Tipps, liebe Anna.